12. Mai 2022

Wolfgang-Ritter-Preis 2022 im Bremer Rathaus verliehen

Der Wolfgang-Ritter-Preis 2022 prämiert zwei Arbeiten über die Schattenseiten der sozialen Marktwirtschaft. Staatsrat Cordßen-Ryglewski: Preisträger sind Multiplikatoren für den Wissenschaftsstandort Bremen.  

In der sozialen Marktwirtschaft läuft nicht alles rund. Mit ihren Schattenseiten befassen sich zwei aktuelle wissenschaftliche Arbeiten kritisch – und erhalten dafür den Wolfgang-Ritter-Preis 2022. Dr. Sven Simon vom Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen in München und Dr. Boas Bamberger von der Frankfurt School of Finance & Management werden mit 12.000 bzw. 8.000 Euro für ihre innovativen Arbeiten ausgezeichnet. Simon hat unehrliches Verhalten in der Wirtschaft erforscht. Bamberger untersucht die Folgen hoher Gehaltsspreizung in börsennotierten Unternehmen.     

Die Wolfgang-Ritter-Stiftung verleiht den nach ihrem Stifter benannten Preis – es ist ein hochdotierter Preis für wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre in Deutschland – am 11. Mai 2022 zum 37. Mal. In diesem Jahr findet die Preisverleihung nach einer zweijährigen Corona-Pause wieder mit Gästen im Bremer Rathaus statt. Von 1985 bis heute hat die Stiftung fast 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geehrt.  

Innovative und originelle Arbeiten 

Bremens Wissenschaftsstaatsrat Tim Cordßen-Ryglewski würdigt die Preisträger, die zumeist nicht aus Bremen kommen, in ihrem Grußwort als wertvolle Multiplikatoren für den Wissenschaftsstandort Bremen. „Als Botschafter für diesen Standort spielen die Träger des Wolfgang-Ritter-Preises eine ganz besondere Rolle und erhöhen die Attraktivität des Wissenschaftsstandortes Bremens“, sagt er   

„Beide Preisträger haben innovative Arbeiten zu Fragen von großer Relevanz für unternehmerisches Handeln vorgelegt“, ist Stiftungsvorstand Prof. Dr. Christoph Löffler überzeugt. „Sie werden damit einem zentralen Anliegen des Stifters in herausragender Weise gerecht.“ Professor Dr. Jochen Zimmermann von der Universität Bremen hebt in seiner Laudatio hervor, Simon und Bamberger hätten sich in origineller Weise mit Fragen der Unehrlichkeit und Unaufrichtigkeit im Wirtschaftsverkehr auseinandergesetzt: „Dr. Simon setzt am Individuum an und fragt, was den Einzelnen bei seinen Entscheidungen umtreibt. Dr. Bamberger nimmt das Unternehmen in den Blick und zeigt, wie ein gesellschaftlich unerwünschtes Phänomen wie (große) Lohnungleichheit durch scheinbar großzügiges unternehmerisches Handeln verhüllt werden kann.“  

Lesen Sie dazu auch den Bericht im Weser-Kurier von Sophie Allenstein.

  

Die Preisverleihung fand im Kaminsaal des Bremer Rathaus statt.
(v.l.) Staatsrat Tim Cordßen-Ryglewski, Prof. Dr. Rolf Drechsler, Prof. Dr Jochen Zimmermann, Dr. Boas Bamberger, Dr. Sven Simon, Gerold Willms und Prof. Dr. Christoph Löffler

Was wurde 2022 prämiert?

Mit der Verleihung unterstreicht die Jury die Bedeutung ethisch verantwortungsvollen Handelns in der sozialen Marktwirtschaft. Julia Dr. Sven Simon ist wissenschaftlicher Referent am Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen in München und ein Vertreter der Experimentalökonomie. Seine Doktorarbeit „Essays on the Trade-Offs for Non-Compliance and Deceptive Behavior” untersucht unehrliches Verhalten im Wirtschaftsverkehr mit Experimenten zu Berichten und Auskünften. Er zeigt, dass man unehrliches Handeln identifizieren und beschränken kann. Nicht nur Gelegenheit macht Diebe, sondern Diebe suchen auch Gelegenheiten. 

Simons Experimente deuten auf zwei Typen von Menschen: die unkorrumpierbaren Grundehrlichen und diejenigen, denen das Schwindeln leichtfällt. Die Forschungsarbeit gibt Hinweise, an welchen Stellen man Zuverlässigkeitsprüfungen besonders gründlich einsetzen kann. Sie zeigt auch Sanktionsmechanismen, um eine Regeltreue zu verbessern. Mit höherer Regeltreue funktioniert die Marktwirtschaft besser. „Dr. Simon leistet damit einen wichtigen Beitrag, wirtschaftliches Handeln effizienter zu gestalten“, so Laudator Prof. Zimmermann. 

Dr. Boas Bamberger ist Postdoktorand am Management Department der Frankfurt School of Finance & Management und arbeitet als Strategischer Assistent des Vorsitzenden der Geschäftsleitung bei Phoenix Pharmahandel. Der Titel seiner preisgekrönten Arbeit lautet „Lohnungleichheit und Kundenzufriedenheit – Eine empirische Untersuchung der Auswirkungen von Lohnungleichheit auf Kundenbeziehungen und Geschäftserfolg“.

Hohe Gehaltsunterschiede, legt er dar, schaffen ein ungünstiges Unternehmensklima: Mitarbeiter sind unehrlicher gegenüber Kunden. Auch leidet die Zusammenarbeit und damit der Blick für Kundenbedürfnisse. Das führt zu unzufriedenen Kunden und reduziert langfristig den Geschäftserfolg. Diese Folgen müssten Konzerne motivieren, die Gehaltsspreizung zu senken, aber sie steigt. „Meine Analyse“, so Bamberger, „zeigt: Konzerne können das ungünstige Unternehmensklima mit Spenden für soziale Zwecke ausgleichen. Für die politische Debatte bedeutet dies, dass Gehaltsspreizung nicht der alleinigen Selbstregulierung durch Konzerne überlassen werden sollte.“ Für Laudator Zimmermann drängt sich die Frage auf: „Dürfen Manager mit dem Geld ihrer Aktionäre Gutes tun, um ihre ursächlichen Probleme vergessen zu machen? Diese Debatte ist noch zu führen und wird die Freude an unternehmerischer Wohltätigkeit noch trüben.“

Impressionen von der Preisverleihung

Fotos: Christina Kuhaupt

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